Eigentlich führt er ein Doppelleben, der Leiter der Personalabteilung in der Zentralen Verwaltung der Universität, Gerhard W. Feuchter: Nach Feierabend ist er freier Künstler. Seine Arbeitskollegen wissen kaum etwas vom anderen Leben Feuchters, seine Künstlerkollegen wiederum wollen ihm den Volljuristen kaum glauben. Gelegenheit, die künstlerischen Arbeiten Feuchters kennenzulernen, gibt es in diesem Sommer: Ab 29. Juni ist in der Tübinger Martinskirche eine Ausstellung mit seinen Arbeiten unter dem Titel 'Formen, Zeichen, Wege' zu sehen.
Damit ist zugleich sein Stil charakterisiert: elementare Formen in immer neuen Variationen zu verarbeiten, ihren Zeichencharakter deutlich zu machen und die Werke als Stationen eines Weges im Raum darzubieten. So wird Feuchter drei Kreuzwege ausstellen mit jeweils 14 Stationen, wobei das Kreuz als uraltes und vorchristliches Zeichen für Baum, für Überleben und Fruchtbarkeit steht (s. das gerahmte Bild auf unserer Abbildung) und der Kreuzweg damit auch die Zerstörung von Wald und Umwelt dokumentiert. Immer wieder hat Feuchter seine Werke in den Zusammenhang ökologischer Aktionen gestellt, ob in der vielbefahrenen Tübinger Mühlstra▀e, im Böblinger Feuerwehrweiher oder in einem Wald bei Herrenberg. Den einfachen auf Natur verweisenden Formen entspricht die Verwendung natürlichen Materials, früher Holz, seit Jahren nun selbsthergestelltes, z. B. aus Gras geschöpftes Papier. Die plastische Oberfläche ist Feuchter wichtig, oft noch angereichert um zusätzliche Materialien wie Asche, Sand, geriebenen Backstein oder Pflanzenteile. Die Natürlichkeit des Ausgangsmaterials wird dabei häufig kontrastiert von modernen nichtnatürlichen Elementen wie knallig-chemischen Farben oder Metallteilen "Es reizt mich, tradierte Formen neu zu beleben", fa▀t Feuchter als Programm zusammen, "ein neues Alphabet aus ursprünglichen Zeichen zu schaffen."
Studiert hat Feuchter zunächst an der Kunstakademie Stuttgart bei Sonderborg, dann erst hat er sich der Rechtswissenschaft zugewandt, da er von der Kunst allein nicht leben zu können glaubte. So landete er schlie▀lich 1980 in der Universitätsverwaltung, zuerst im Rechtsamt, wo er sich halbtags jahrelang mit Prozessen um ärztliche 'Kunstfehler' beschäftigte. Daneben hat er immer wieder ausgestellt, u.a. in Basel, Wiesbaden, Berlin, Ann Arbor, auf Einladung des Goethe-Instituts in mehreren südamerikanischen Städten und schlie▀lich nach der Wende im Schlo▀ Beeskow bei Berlin.
Michael Seifert
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